Kapitel 15: Das Flüstern wird lauter
Die Wächter von Catropolis hatten kaum Zeit, im warmen
Tageslicht aufzuatmen, als die leisen Anzeichen einer nahenden
Störung sich zu einem unüberhörbaren Fiepen steigerten. Die
Menschen der Stadt bemerkten kleine Ungereimtheiten –
elektronische Geräte, die ohne ersichtlichen Grund ausfielen,
Straßenlaternen, die flackerten, als würden sie mit
unsichtbaren Schatten kämpfen, und Haustiere, die unruhig
wurden, als könnten sie Dinge wahrnehmen, die für menschliche
Ohren und Augen verborgen waren.
Flash Cat versammelte ihr Team in einer Notfallsitzung, ihre
Stirn in Sorgenfalten gelegt. "Es ist als ob all diese kleinen
Vorkommnisse Teile eines größeren Bildes sind, eines Puzzles,
das wir noch nicht vollständig sehen können," sagte sie
bedächtig. "Es ist vielschichtig und komplex, und es erfordert
unsere volle Aufmerksamkeit."
Anouk tippte besorgt auf ihrem Terminal, ihre Schnurrhaare
bebten leicht von der Anspannung. "Die Daten die ich sammle
werden immer widersprüchlicher. Es ist, als würden wir gegen
einen Schattenboxer kämpfen, gegen einen Feind, der nicht
greifbar ist, der sich unserer Wahrnehmung entzieht."
Kenny, der seinen Scanner mit einem Satz neuer Algorithmen
ausgerüstet hatte, stimmte zu. "Diese Störungen sind
symptomatisch. Sie sind nicht die Krankheit, sondern die
Symptome. Wir müssen die Ursache finden."
Nari, die zuvor durch die Stadt gewandert war, legte einen
Stapel alter Bücher auf den Tisch. "Die Geschichte könnte uns
einen Hinweis geben. Es gab schon immer Berichte über Zeiten,
in denen die Grenzen zwischen den Welten dünner wurden. Und nun
fühlt es sich an, als würden wir genau das erleben."
"Ich habe von jedem Winkel der Stadt aus gelauscht," fügte Mimi
hinzu, ihre Pranke spielerisch über die Kante einer alten
Schriftrolle wandernd. "Die Geräusche, die ich aufgeschnappt
habe, sind undefinierbar, aber eines ist klar – sie nehmen zu."
Die Sonne senkte sich langsam auf den Horizont, und die
Dunkelheit kroch näher, als ob sie erpicht darauf wäre, sich
wieder über Catropolis zu legen. Mit jeder Minute, die
verstrich, wurde das Flüstern stärker und fordernder.
Flash Cat stand auf, ihre Augen leuchteten wild in der
einfallenden Dämmerung. "Wir werden nicht warten, bis diese
Störungen sich in eine Bedrohung verwandeln. Catropolis braucht
uns, jetzt mehr denn je. Wir sind die Wächter, und wir werden
die Dunkelheit aufspüren und ausmerzen, bevor sie die Chance
hat, sich festzusetzen."
Sie teilten sich auf, bewegt von einem neuen Sinn für Dringlichkeit. Jeder Wächter begab sich in einen Stadtteil, fest entschlossen, die Ursache des seltsamen Flüsterns bloßzulegen.
Die Nacht war nun vollständig hereingebrochen und mit ihr ein Geräusch, das jedes Herz in Catropolis schneller schlagen ließ – ein tiefes, durchdringendes Summen, das von den Fundamenten der Stadt kam.
In der Zentrale von Catropolis entdeckte Anouk eine Reihe von
Mustern in den Daten, die auf ein Zentrum der Störungen hinwies
– das alte Denkmal im Herzen der Stadt, ein Relikt aus einer
längst vergangenen Zeit, das nie zuvor eine solche Aktivität
gezeigt hatte.
Mit der gemeinsamen Entschlossenheit einer lange gefestigten
Freundschaft eilten Flash Cat, Anouk, Kenny, Nari und Mimi zum
Denkmal. Dort fanden sie die Quelle des Summens: Ein direkt
unter dem Denkmal gelegenes Energieportal, das scheinbar
geöffnet worden war und flackernde Schatten ausspie. Jede
Schwingung, die es aussandte, war ein weiterer Faden im Web des
Unheils, das sich über Catropolis zu spannen begann.
"Was auch immer das ist," sagte Flash Cat entschlossen, "wir
werden es schließen. Dies ist unsere Stadt, und wir sind ihre
Wächter. Lasst uns zeigen, dass wir unseren Namen verdienen."
Das Team bildete einen Kreis um das Portal, ihre Pfoten
erhoben, ihre Kräfte aus den Lektionen der alten Wächter
schöpfend. Sie begannen eine alte Beschwörung, die Nari in den
Büchern gefunden hatte, eine Beschwörung, die versprach, das,
was einmal geöffnet wurde, auch wieder schließen zu können. Sie
arbeiteten zusammen, jedes Wort, jede Geste darauf abgestimmt,
das Portal zurück in das Nichts zu schicken, von dem es
gekommen war.
Mit einem lauten Zischen, das durch die ganze Stadt hallte, zog
sich das Portal zusammen, schrumpfte und erlosch schließlich in
einer Wolke aus harmlosen Funken. Das Summen verstummte, die
Schatten wichen zurück und die Stille kehrte abermals in die
Nacht zurück.
Die Wächter von Catropolis standen schweigend da, erschöpft aber triumphierend. Sie hatten die Dunkelheit zurückgedrängt und ihre Stadt beschützt. Doch tief in ihren Herzen wussten sie, dass dies nur der Anfang war. Was auch immer das Portal geöffnet hatte, war immer noch bei ihnen – versteckt, wartend. Aber für jetzt waren die Schatten geschlagen, und das war alles, was zählte.
In den frühen Morgengrauen, während Catropolis in den Schlaf der Unwissenden sank, wachten Flash Cat und ihre Gefährten über deren Träume. Sie waren die unsichtbaren Helden, die Hüter der Geheimnisse – und sie waren bereit, alles zu tun, um ihre geliebte Stadt vor den Schatten zu schützen.